Gibraltar - Madeira
Aller Anfang ist schwer
Nichts vergessen? Ummelden, Zollfragen klären, Schiffsregistereintrag, Adressänderungen
mitteilen, Rufzeichenantrag, Finanzamt, Versicherungen und Finanzen ordnen
- alles will bedacht sein. Die Rundfunkgebühren-Eintreiber von
der GEZ verdienen eine besondere Erwähnung für ihre gewollte
Begriffsstutzigkeit beim Abmelden. Letzte Arztbesuche und Impfungen, Medikamente, Geräte, Karten, Ausrüstung, Ersatzteile und Werkzeug
beschaffen, solange es noch leicht von festem Boden aus geht. Freunden
und Verwandten für eine Weile tschüß sagen.
Ausgangspunkt Almerimar.
Die mitgebrachten Geräte samt 3 Antennen für GPS, NAVTEX
und Radarwarner sind einzubauen, Wartungsarbeiten an Maschine, Steueranlage
und den Segeln zu erledigen. Unmengen von Proviant verschwinden in den
Stauräumen. Die Salon-Polster erhalten ein neues Outfit. Bei Cerveza
und Tapas machen wir erste nette Seglerbekanntschaften, tauschen Programme
und erhalten nützliche Tipps über Köder und Karibik.
Erster Sonnenuntergang auf See mit TRUANT.
Beim richtigen Ostwind geht es endlich los, nicht wie bisher auf Zeit mit einem Charterboot, sondern
erstmals auf eigenem Kiel grobe Richtung westwärts und "open end". Wir kneifen uns gegenseitig um festzustellen, ob das alles nicht
doch nur ein Traum ist.
An der Besucherpier von Fuengirola.
Nach 26 Stunden Schaukelfahrt durch die Alboran-See mit Wind direkt von achtern und 3 m Welle
querab bringen wir hier unseren Gleichgewichtssinn wieder in Ordnung. Der
Zwischenstopp in der hübschen aber überfüllten Marina von Fuengirola war nicht geplant: Ein Ventilsteuerkabel an der
neuen Starterbatterie hatte sich
losgerissen. Das fängt ja gut an.
Kurs auf Gibraltar.
Mit GPS und elektronischem Kartenplotter wird Navigation zum Kinderspiel.
Zur Sicherheit haben wir die Karten noch auf dem Laptop und wenn alles
ausfällt, muss es auch klassisch mit Papierkarte, Sextant und Kompass
gehen.
Und der Autopilot von Coursemaster steuert TRUANT
präzise dem Ziel entgegen.
Die erste Nacht nach dem Einklarieren vor Anker an der Runway.
Die 2 folgenden Wochen liegt TRUANT geschützt in der Marina Bay
und die Zeit wird genutzt zu günstigen Einkäufen. Um 18 Uhr schließen die Geschäfte und nur in den
Casemates (Platz am Anfang der Main Street) ist abends noch was los.
Die auf Sichtweite entfernte spanische Esskultur ist trotz 300-jähriger Besetzung des Felsens
(1704 - 2004) durch das British Empire noch nicht bis hierher
vorgedrungen.
Erste Erkenntnisse
Die Routinearbeiten an/unter Deck und Unterwasserschiff verlangen ihren
täglichen Tribut. Die ersten Rippenprellungen, blauen Zehen und
Hautabschürfungen an Händen und Rücken nach knapp 2 Wochen sprechen für sich. Ob im Hafen oder auf
See, eines wird uns jetzt - anders als bei eher fehlerverzeihlichen Chartertörns
- erst richtig bewusst: jeder Handgriff, jeder einzelne Schritt verlangt
volle Konzentration, sonst geht unweigerlich selbst das schief, was eigentlich
gar nicht schief gehen kann.
Letzter Gruß: Tarifa querab
Bei Ostwind und bis 8.7 Knoten Fahrt über Grund schafft TRUANT die
Passage durch die Strasse von Gibraltar in einer Tide. Dann verschwindet
das europäische Festland hinter dem Horizont und ein paar Stunden
später auch die afrikanische Küste. Nachts ist es kühl und
wir sichten nur noch ein bis zwei Schiffe täglich. Die Milchstrasse schwebt
über uns wie ein weißes Bettlaken.
Terra! Terra!
Ein UKW-Musiksender, dann erste Landsicht, Mobilfunk und schließlich
auch auf dem Radar - in dieser Reihenfolge meldet sich die Zivilisation
nach 7 Tagen und 600 Meilen zurück. Bei absoluter Windstille am letzten
Tag schmeissen wir, das kühle Bier zum Greifen nahe, doch ungeduldig
den Motor an.
Porto Santo oder Heiligenhafen des Südens
Kurz nach Mitternacht fällt der Anker hinter dem Ostkap von Porto
Santo auf 5 m Tiefe am Strand nahe der Hafeneinfahrt. Wetter ist ruhig
und der schwere Stockanker hält - also springen wir beide nach dem
Begrüßungsbierchen platt in die Koje.
Schluss mit abwechselnder Nachtwache. Am nächsten Morgen geht es in die
geschützte Marina.
Good Shelter
Neben den Fischerbooten liegen nur wenige Segelschiffe im Porto von
Porto Santo. Den Tiedenhub von über 2 m spürt man an den Schwimmpontons
nicht und das Hafenpersonal ist freundlich. Diese Marina und auch der Ankerplatz
hinter der Mole am Strand werden im RCC Pilot gegenüber den Plätzen
auf der Hauptinsel Madeira als besser geschützt, schwellarm und mit
sicherem Ankergrund versehen empfohlen. Stimmt.
Gut feiern
können die Madeirenser. Sao Joao, Sao Pedro, Entdeckung Madeiras,
Aufnahme in die EU-Region, EM-Viertel- und Halbfinale; beim Finale haben
wir unsere klammheimliche Freude ob des Sieges von König Otto von
Griechenland diskret verborgen. Das Seefahrervolk hier spricht etwa einen
flämisch-russischen Dialekt vorwiegend auf Basis des spanischen Grundwortschatzes
versehen mit reichlichen Nasal- und Zischlauten - genannt "portugiesisch".
Rund Porto Santo mit Roller
Nach einigen Tagen Fußmärschen bei brennender Sonne beschließen
wir die weitere Erkundung der Insel mit dem Roller zu verkürzen. Nachdem
der Sozius seine (ihre) hartnäckigen Bemühungen zur Erzwingung eines aufrichtenden
Momentes in den Kurven aufgegeben hat, verlaufen die weiteren Fahrten
sehr harmonisch.
Pico Bello
sollte man ihn nennen und nicht trocken Pico do Castelo. Ein schöner
Aussichtspunkt auf 437 m über dem Hauptort Vila Baleira. Ca. 5000
Einwohner teilen sich die Insel in der Hauptsaison Juli und August mit
25000 Touristen. Es gibt einen eigenen großen Flugplatz und eine
flotte Fährverbindung von 2 Stunden zur Hauptinsel Madeira. Kolumbus
hat hier die Tochter des Madeira-Entdeckers geehelicht und einige Jahre
auch hier gelebt, bevor seine Entdeckungsreisen begannen.
Vamoschhhh a la Praia
Das hat Porto Santo der Hauptinsel voraus: den einzigen Sandstrand
des Archipels und das 8 km lang. Kristallklares türkises Wasser, Dünen,
Palmen und was man sonst noch für das Urlaubsfoto braucht.
Sonst eher trocken
Einige ältere Einwohner erinnern sich noch an den letzten Regen und mit Süßwassergewinnung
aus dem Meer kommt man so gerade über die Runden. Mit Aufforstungen wurde begonnen.
Ein beinharter Wikinger
Fischer und Pferdezüchter Eric allein mit seiner Nauticat auf
dem Rückweg von Marokko und den Kanaren nach Island. Motor und Rudersteuerung
wollten nicht mehr, Beiboot und Brille kaputt und seit sieben Tagen wegen der Hitze
nichts mehr gegessen. Eine Nacht in Porto Santos Krankenhaus, Sondereinsätze
von Motorspezialist Luic und unsere Vitaminstöße bringen ihn
wieder auf die Beine.
Madeiras Hauptstadt Funchal
Links im Bild die dümpelnden Ankerlieger, rechts der enge Sportboothafen.
Wir sind mit der Fähre rübergekommen und haben für eine
Woche den Roller gegen ein Auto getauscht. Spontane Übernachtungsmöglichkeiten
in kleineren Hotels gibt's überall auf der Insel um die 35 bis 50 €.
Die Blumeninsel
wird Madeira genannt, seit es konkurrenzmäßig mit dem Zuckerrohr
und den Bananen nicht mehr lief. Das Straßennetz - obwohl in bestem Zustand und man überall hin kommt -
wird derzeit mit EU-Mitteln um ein redundantes Tunnelnetz erweitert. So
wird der ortsunkundige Besucher die kühnen Serpentinen an senkrechten
Wänden und die alten Tunnel - grob in den Fels geschlagen und manchmal
wie Autowaschstraßen von Wasserfällen beträufelt - nicht mehr
kennen lernen.
Blick auf eine typische Ansiedlung mit kleinen weißen Häusern
und roten Dächern, obwohl halbwegs ebene Grundstücke wie hier die absolute Ausnahme sind.
Curral das Freiras
Dieses hübsch gelegene Dorf auf 660 m hat inzwischen auch Tunnelanschluss.
Wer von 400 m höher draufschauen will, nimmt die alte Serpentinenstraße
(rechts im Bild) nach Eira do Serrado, Übernachtungsmöglichkeit
in einem kleinen 4-Sterne-Hotel und gutes Restaurant oben inbegriffen.
Lichtspiele
an der rauhen Nordseite. Bei der vorherrschenden Wetterlage aus Nord
bilden sich hier Wolken an den bis zu 1800 m hohen Bergen. Die alte Küstenstraße
wird hoffentlich unter Denkmalschutz gestellt, wenn die neuen Tunnel eingeweiht
sind.
Wo sind die Kanaren?
Ein richtiger Seemann nutzt natürlich jede sich bietende
Navigationshilfe.
Nicht übertrieben
So und manchmal auch noch im 1. Gang geht es über viele Straßen.
Nur nicht zu lange an einer Stelle stehen bleiben! (wegen der Meteoriten)
Ganz besonders schwer beeindruckt
hat uns die Schwindelfreiheit dieser Familie. Vater und Sohn reparieren
das Dach und Töchterchen hantiert auf der Leiter einen Meter neben
dem Balkongeländer, während Mutter mit unerschütterlichem
Gottvertrauen fleißig strickt. Hinter
dem Haus und dem Balkongeländer geht es senkrecht 200 m in die Tiefe.
Muss auch sein
Geburtstagsdinner mit Vinho Verde und Abschied von Madeira im Castel
(Militärmuseum) von Funchal.
Urlaubs-Tipp
1 Woche Madeira in kleinen Hotels und Mietauto und
1 Woche Badeurlaub auf Porto Santo