Liebe Familie und Freunde,

vor uns liegen die Perlen des Indischen Ozeans, lauter kleine Trauminseln mit Palmen, weissem Strand in tuerkisem Wasser. Die Malediven. Ganz oben im Norden klarieren wir in Uligamu ein. Der Ankerplatz ist eingekeilt im Riff; der Wind darf nicht drehen. Um uns rum vergnuegen sich Mantas, Stachelrochen und viele, viele Delphine. Die Insel Uligamu ist sehr klein, die Menschen scheinen tiefglaeubige Moslems zu sein. Die Frauen tragen Burkas, sind sehr zurueckhaltend, die Kinder haben fast Angst vor uns und die maennliche Bevoelkerung ist hoeflich nett. Die Fischer drehen uns den Ruecken zu, was wir bisher nie erlebt haben. Es verunsichert und depremiert uns ein wenig.

Der Wind dreht, wir muessen nachts (wie kann es auch anders sein) den Heckanker setzen, damit wir nicht auf's Riff kommen. Zeit zum weiterziehen nach ein paar Tagen, als der Wind zurückdreht.

Nach der ersten Erfahrung mit den Einheimischen nehmen wir uns den Besuch eines 5*-Resorts mit der einzigen Marina in den ganzen Malediven vor. Mal sehen, wie es bei den Schickimickis ist. Uli ruft einige Meilen vorher im Resort an, ob wir willkommen sind. Sind wir, nur der Preis fuer die Marina stimmt nicht. 150 US$ pro Nacht. Da wir kein Wasser und Strom brauchen, geht der Preis auf 100 US$ runter. Immer noch zuviel fuer Langzeitsegler. Uli bietet 50 US$ und der Manager schlaegt doch tatsaechlich ein. Die kleine Insel ist schlichtweg ein Urlaubstraum. Aber mehr als ein oder zwei Wochen in dieser kleinen Einsamkeit wuerde ich nicht aushalten. Strand, Riffe und Luxus. Festgenagelt in diesem Traum, nicht mal Kontakt zu den kleinen Inseln der Einheimischen. Gottseidank haben wir dafuer eine Sondergenhemigung, denn Touristen und Insulaner werden strickt getrennt.

Der Empfang im Resort ist herzlich mit Drink in der zauberhaften offenen Rezeption. Die unterschiedlichen huebschen 43 Villen liegen uneinsehbar am Strand. Kosten hierfuer pro Nacht zwischen 500 und 5000 US$. ..........und das Resort ist ausgebucht! Der Generalmanager laedt zum Cocktail ein und wir duerfen uns eine Villa ansehen. Duftende Frangipaniblueten ueberall, selbst im Swimmingpool aalt man sich im Bluetenmeer. Das Bad, fast so gross wie ein kleines Appartment, ist halb geschlossen, halb im abgeschirmten Gartenbereich. Auch hier, Blumen ueber Blumen. Und der Rest des Hauses ist wie aus einem Hochglanzprospekt. Einfach zauberhaft.

Wir lassen uns drei Tage verwoehnen. Haben einen eigenen Butler, wie hier alle Urlauber, der uns am Strand mit kalten Drinks und Obst versorgt (kostenlos!), uns bedient beim Abendessen, welches dann natuerlich auch seinen europaeischen Preis hat. Ca. 150 US$ für beide, darin enthalten ist ein Steak vom Feinsten, butterweich (49 US$), Espresso (10 US$) und Bier (Dose ebenfalls 10 US$). Schnell geht da unsere Rente den Bach runter und wir suchen das Weite, obwohl wir sehr nette junge Leute kennengelernt haben. Ich kann mir die Frage nicht verkneifen, wie man sich sowas leisten kann. Die Antwort kommt prompt. Der zuteilungsreife Bausparvertrag wird hier verzimmert. So kann man auch leben und leben lassen.

Unsere naechste Local-Insel versetzt uns erneut in Staunen. Wir liegen in einer Hafen- und Badebucht und man macht uns darauf aufmerksam, dass wir nicht am Strand mit den Einheimischen zusammen baden duerfen. Eine Horde Jungs kommt angeschwommen und sucht Kontakt. Wir unterhalten uns und lachen zuammen. Sie wollen gerne mal an Bord, aber wir zoegern, es koennte Schwierigkeiten geben. Kaum zuende gedacht und der Hafenmeister kommt in voller Montur angeschwommen und jagd die Jungs mit Gemecker fort. Wir kriegen auch eine Standpauke und die Order, niemanden an Bord zu lassen. Seltsam, seltsam. Im Dorf sind die Leute erstaunlicherweise sehr nett und freundlich. Gruessen und winken. Wir sind happy ueber diesen netten Empfang, der uns den Hafenmeister schnell vergessen laesst.

Am naechsten Tag, Wochenende (hier Freitag) wimmelt es am Strand von Badelustigen. Die Frauen sind mit Burka im Wasser, die Maenner mit T-Shirt und langer Hose, nur die Kinder haben sowas wie eine Badehose mit ebenfalls einem T-Shirt drueber an. Nach dem Ruf des Muezzins gegen Mittag ist der Strand schlagartig wie leergefegt. Fuer uns Zeit ins Dorf zu gehen. Nach dem Gebet treffen wir auf erste Menschen, die nun nicht mehr freundlich und nett sind, sondern sich abwenden. Einige schauen uns sogar feindlich an. Wir sind sprachlos. Sollte es an der Predigt des Imams liegen? Soll sich keiner mit uns Unglaeubigen einlassen? Wir koennen nur vermuten. Anker hoch und weiter. Schade!

Nach unbewohnten Inseln und noch einer Resort-Insel peilen wir die Hauptstadt Male an, ankern auf der Schwesterninsel Hulhumale vor dem Flugplatz und treffen auf einige bekannte Segler. Sie sind von Sri Lanka, Thailand oder Malaysia direkt nach hier gesegelt, um ihre Schiffe auf einen Frachter zu verladen, der sie in die Tuerkei bringt. Es ist wegen der Piraten gegenwärtig gefaehrlich, durch das Rote Meer ins Mittelmeer zu segeln. Wir hoeren, dass erneut ein Frachter gekapert worden ist. Diesmal im Norden der Malediven, nahe unseres Einklarierungsortes Uligamu. Hier gab es bisher noch keine Ueberfaelle, die Malediven waren bisher nicht betroffen. Da schluckt man dann!

Trotz aller schlechter Kritik in den Reisefuehrern gefaellt uns Male sehr gut. Es hat mit Sicherheit mit den Menschen zu tun, die hier in der Stadt aufgeschlossen und lustig sind. Zudem gibt es ein Eis-Cafe vom Feinsten. Beruehrungsaengste in den Coffee-Shops der Einheimischen  gibt es nicht. Wir sitzen mittenmang und lassen uns die Falafeln schmecken, die, als wir zahlen wollen, schon von einem Einheimischen beglichen wurden. Anders als auf den Resort-Inseln werden wir unser Geld hier einfach nicht los.

Auf der Faehre von Male nach Hulhumale spricht uns ein sympathischer Herr an und loechert uns mit Fragen. Er wurde in unserer Heimat zum Manager ausgebildet. Bald sprechen wir ueber Politik und es ist sehr interessant zu hoeren, was es seiner Meinung nach mit dem Ruecktritt des Praesidenten und den Unruhen auf sich hat. Telefonnummern werden ausgetauscht und wir verabreden uns zum Wochenende, also Freitag. Er zeigt uns Hulhulmale, erzaehlt stolz ein wenig von sich und seiner Arbeit als gerade ernannter Kanzler der Universitaet der Malediven. Mitten im Gespraech, wir sitzen in einem Cafe, entschuldigt er sich, er muss mal eben zu seinem Imam. Fuenfmal am Tag wird gebetet und einmal muss man mindestens in die Moschee. Um diese Zeit ist das Gebet am kuerzesten und er kommt schnell zurueck, der Kaffee ist noch warm. Wir werden in Verbindung bleiben.

Unsere Reise geht weiter in Richtung Sueden. Das Sued-Male-Atoll lassen wir rechts liegen. Es ist gespickt mit Resorts und die brauchen wir nicht mehr. Einsame Plaetze vor Sandduenen oder am Riff sind nun dran, trotz der nervenaufreibenden Torturen durch die Korallengaerten. Einmal gepennt und man laeuft auf. Ist natuerlich passiert und mir schlottern noch die Knie. Ich will keine komplizierten Passagen mehr und moeglichst keine einsamen Riffe. Mir reichen die Tuecken jeder Atolleinfahrt und die Schlupfloecher durch den Riffkragen um die Inseln, um in die Lagunen (wenn ueberhaupt vorhanden) zu kommen. Es ist kein schoenes Gebiet fuer Segler, alles ist mit Schwierigkeiten verbunden. Uli haengt manchmal Stunden an den Vorbereitungen auf der Suche nach einer passenden Insel, um einigermassen sicher ankern zu koennen.

Auf einer Malediven-Perle wird uns vor Augen gefuehrt, was der Tsunami 2004 auch hier angerichtet hat. Kein Haus ist mehr erhalten geblieben. Die Insulaner leben noch heute in Notunterkuenften. Die Regierung hat vor zwei Jahren unter dem letzten Praesidenten begonnen, neue Haeuser zu bauen. Tueren, Fenster, Fliesen und Installationen fehlen noch; das Projekt ist gestoppt, seit dem Ruecktritt des Praesidenten. Wieso, weshalb, warum, darueber haben wir mit vielen Locals gesprochen. Sie hoffen, dass dieses Jahr noch Neuwahlen abgehalten werden.

Ein Insulaner Subbe erzaehlt uns von dem Tsunami. Sie hoerten ein Geraeusch, was sie niemals zuvor kannten und brachten sich auf dem Dach oder der naechsten Palme in Sicherheit. Die Neugierigen, die in Richtung des Geraeusches liefen, sind alle umgekommen und die Insel is ueberschwemmt und geteilt worden. Uns durchlaeuft eine Gaensehaut, denn wo soll man hier hin, wenn jetzt ein Tsunami käme?

Wie der Zufall es will, bekommen wir ein paar Tage nach unserem Besuch auf der zerstoerten Insel Eil-emails von unserem Sohn und Freunden mit einer Tsunami-Warnung fuer den gesamten Indischen Ozean. Wir sind nervoes, liegen aber weitab vor einer Insel alleine und lassen noch Kette raus. Uli ruft sofort Subbe an, sie sind schon informiert und sitzen alle in den Booten und warten ab. Dann kommt die Erloesung - Entwarnnung und am naechsten Morgen eine email von Subbe. "Danke fuer die schnelle Warnung und fuer Euer gutes Herz."

Die naechste Insel ist Veymandhoo im Thaa-Atoll. Beim Einlaufen hat man fuer uns den Hafen beflaggt. Und nicht nur das, stellt Euch vor, selbst der neue Praesident kommt mit seiner Escorte angerauscht und winkt uns zu. Oder taeuschen wir uns  und es war fuer den Praesidenten geflaggt? (:o)) War interessant fuer uns. Im allgemeinen Trubel spricht uns ein junger Mann an, wir moechten doch bitte mit ihm nach Hause kommen zu einem Willkommens-Trunk. Also doch Flaggen fuer uns?! Es stellt sich heraus, dass der junge Mann der Imam der Insel ist, der so schoen singt beim Schaefchen rufen. Ebenfalls lernen wir den jungen Lehrer (Pakistani) und den jungen Doktor (Inder) kennen. Ganz wissbegierige Maenner, die uns den Aufenthalt auf der Insel zu einem Erlebnis machen. Wir sind taeglich zusammen an Land und an Bord. Sie laden uns zum Essen ein, zum Kaffee, in ihre Haeuser, ins Krankenhaus und in die Schule. Wir haben viel Spass miteinander. Selbst bei Gespraechen ueber den Glauben oder Nichtglauben sind wir uns sehr nah. Ob Moslem, Hindu oder Unglaeubige, alle glauben wir an etwas, egal ob Allah, Buddha oder Natur. Abends bekommen wir eine Gute-Nacht-SMS und morgens einen Gruss fuer den Tag. Wir fragen sie, warum sie alles das fuer uns tun und sie antworten, damit wir sie nie vergessen. Wir werden sie nie vergessen! Sehr schwer verlassen wir Veymandhoo, aber wir muessen weiter, unser Permit fuer Chargos laeuft im Mai an.

Auf der Fahrt ins vorletzte Atoll begegnen uns riesige Walhaie. Faszinierend. Gut, dass ich meine Angel nicht draussen habe, wir haetten monatelang Fisch essen muessen. hihi Es reicht schon, dass die Fischer uns wieder mit Fisch versorgen. Soviel Fisch, dass Uli schon keinen mehr sehen kann. Ich esse ihn dreimal taeglich. Lecker.

Einige Ankerplaetze fahren wir noch an und schliessen immer wieder nette Bekanntschaften. Erstaunlich, wie politisch die jungen Leute sind. Sie sind geradezu versessen darauf, uns ihre Gedanken mitzuteilen. Die alten Leute bitten uns in ihre Haeuser und machen uns Geschenke in Form von Obst. Mit Haenden und Fuessen funktioniert die Verstaendigung einigermassen, aber es ist egal, was gesagt wird, die Freundlichkeit zaehlt. Auf solch einer netten Insel ist unser vorletzter Stopp. Wegen schlechten Wetters muessen wir laenger als geplant bleiben. In unserer Lagune vor der Insel kann uns der Wind nichts anhaben. Ueber Nacht soll es nun nach Beruhigung des Wetters weitergehen zu unserer letzten Station nach Gan ins Addu-Atoll. Ich, Steuerfrau, bin schon wieder nervoes, denn um aus der Lagune raus zu kommen, muessen wir einen Kanal durchs Riff befahren. Uli gibt mir den Kurs vor und ich fahre blind nach Zuruf. Bin zu klein, um uebers Schiff zu schauen. 10 Grad Backbord, 5 Grad Steuerbord usw. usw. und peng. Wir sitzen zwei Meter vor Ende des Kanals auf dem Riff. Truant neigt sich schon leicht zur Seite. Ich werde panisch und mein immer ruhiger Skipper schafft es doch tatsaechlich, uns ohne Fremdhilfe, nach 10 Minuten frei zu bekommen. Bei jeder kleinen Welle Volldampf rueckwaerts bis wir frei sind und wieder gerade stehen. Uli meint trocken "wieder was gelernt" - mir reichen diese Riffe! Den Rest der Ueberfahrt nach Gan ist mir schlecht. Einmal vom Riff und einmal von den total verrueckten Wellenbergen, die das Unwetter hinterlassen hat.

In Gan liegen wir ruhig vor einem kleinen Resort, das ausnahmsweise mal auf einer Einheimischen-Insel liegt. Sechs kleine Inseln, davon hat man vier mit Daemmen verbunden, sodass wir uns einen Motorroller mieten und auf Erkundung gehen können. Alles fuer die Weiterfahrt gibt es hier. Wieder treffen wir auf nette Menschen, die uns wie von Zauberhand helfen, unseren Platten vom Roller am äussersten Ende der Inseln in knapp einer halben Stunde zu richten. Politisch ist hier die Hochburg der Partei des zurueckgetretenen Praesidenten und kurz bevor wir gekommen sind, haben hier einige Gebaeude des Governments gebrannt. Die drei suedlichen Atolle haben sich schon immer gegen die alte Diktatur gewehrt und 1959 sogar mal einen eigenen Staat ausgerufen, der natuerlich niedergeschlagen wurde.

Das waren also die Malediven. Ein winziges dreigeteiltes Land mitten im Ozean: Der zugeknoepfte strengglaeubige Norden, die luxuriösen Resort-Inseln und der aufgeschlossene freundliche und politische Sueden.

Wir gruessen Euch ganz herzlich.

Edhen ("einen schoenen Tag")