Meine Lieben,

heute morgen konnten wir die wunderschoene Bucht von Fatu Hiva auf den Marquesas in Augenschein nehmen. Eine Kulisse, wie im Theater, so traumhaft und unwirklich. Das Doerfchen ist sehr klein. Der "Supermarkt" befindet sich in einer Ackerbude. Die Besitzerin Theresa faengt gleich an, uns was anzudrehen. Ich will meine Waesche waschen lassen (5 Maschinen) und habe nach dem Preis fuer eine Maschine gefragt. Nun wasche ich selbst! Sie will fuer eine Ladung sage und schreibe 36 Dollar haben. 12 Eier kosten 8 Dollar. Ein Fischer, der Huehner hat, gab mir 12 Eier fuer 2 Schachteln Zigaretten (eine ganze Stange kostete in Panama 3 Dollar). Uebrigens wollen die Leute immer tauschen. Geld will keiner haben, ausser Theresa. Wo sollen sie es auch ausgeben? Morgen werde ich von einem alten Mann noch Mangos, Orangen,Grapefruit und Fisch bekommen. Er ist scharf auf Ulis abgetretene Sandalen. Auf der Strasse werden wir immer wieder gefragt, ob wir was zum Tauschen haben. Fuer uns ganz neu, da muessen wir uns langsam vortasten, welchen Wert was hat. Uli hat Daniel, Theresas Vater, fotografiert und fuer das ausgedruckte Bild bekommen wir zwei Stauden Bananen. Silvie (Admiral von LOMA) und ich teilen dann immer, sonst geht die Haelfte ueber Bord. Tagelang essen wir gebratene Bananen mit scharfer Sosse und Reis.

Nach diesen Erfahrungen im Dorf machen wir eine lange Wanderung: durch die Dorfstrasse bis zum Ende, dann in den Regenwald und etwa 2 km Gekraksel den Berg hoch bis zu einem Wasserfall. Der Anblick ist ueberwaeltigend. Ueber 60 m fällt das Wasser in 10 m Breite die Felswand herunter in einen kleinen See, in dem man baden kann. Die Wassertroepfchen flimmern vor dem blauen Himmel. Solch einen Wasserfall und solch einen Anblick hatte ich noch nie. Eigentlich dachte ich, es gibt keine Steigerung mehr, aber es gibt sie immer noch. Nach dem Natur-Duschbad haben wir uns noch ein wenig ausgeruht und sind dann an den Abstieg gegangen. Unterwegs werden Fruechte eingesammelt, die am Wegesrand liegen, und der ueppig bluehende Hibiskus bewundert. Da wir staendig mit den Augen auf Entdeckungsreise sind, ist es kein Wunder, dass wir ueber eine alte zugewachsene Opferstaette stolpern. In unseren Buechern ist immer wieder die Rede von den vereinzelt im Dschungel versteckten Kultstaetten aus der Zeit vor den europaeischen "Entdeckern".  Irgendwie bekommt man da Gaensehaut, denn vor 150 Jahren waeren wir hier noch im Kochtopf gelandet.

Nach einer Woche  ruesten wir fuer die naechste Insel. Mit Tauschgeschaeften sind Schraenke und Obstkoerbe wieder gefuellt, das Boot ist geputzt, die Betten sind bezogen und die Waesche liegt frisch im Schrank. Tahuata, eine einsame Insel mit einem Minidorf empfaengt uns in ihrer schoenen Bucht mit drei Wasserfaellen. Nach einer laengeren Wanderung besuchen wir eine kleine Kunstwerkstatt, in der ich einen Tiki erstehe. Einen Gluecksbringer aus Knochen geschnitzt, den ich als Halskette tragen kann. Tikis gibt es auch aus Holz oder Stein. Eine wunderschoene Arbeit. Die Figuren sehen  aus wie  Marsmenschen. Kein Wunder, dass Daenikkens Fantasie ueberschwappen musste. In einer anderen Badebucht auf dieser Insel bleiben wir noch ein paar Tage zum schnorcheln und weiter geht es nach Ua Pou.

Auch hier auf Ua Pou treffen wir nach einer Uebernachtfahrt wieder auf eine theaterreife Kulisse. Aus dem saftigen Gruen der Landschaft ragen versteinerte Kratersaeulen in den Himmel.  Die Insulaner sind sehr freundlich und unser Seglerherz wird mit mehreren kleinen Supermaerkten beglueckt. Wir koennen fast alles kaufen, die Preise sind wie in Europa (fuer uns knauserige Langfahrtsegler also sehr teuer). Nur Obst ist in keinem Laden zu haben und nach mehrmaligem Herumfragen bei Leuten mit Gaerten, wollten auch sie entweder nichts geben oder gut Geld haben. Pfiffig wie wir nun mal geworden sind, sind wir aus dem Dorf herausgelaufen und siehe da, nach der Frage, ob wir Obst bekommen koennten, werden wir damit ueberschuettet und u m s o n s t. Zitronen, Limonen, Grapefruit (groesser als mein Kopf), Bananen, Sternfruechte, frische Vanillestangen und Basilikum. Natuerlich werden wir auch ins Haus eingeladen und muessen uns die Familienbilder ansehen und alles, was die stolze Hausherrin Adrienne so hat. Im ueppig bluehenden Garten rennen wohl 10 Hunde herum, davon 3 suesse Welpen (vielleicht 5 Wochen alt). Fast waere ich schon wieder weich geworden und haette einen Bordhund mitgenommen.  Heute wollen wir nochmal hin und von uns Geschenke zu Adrienne bringen. 

Hier noch ein paar Worte zu unseren leiblichen Geluesten, damit Ihr Euch vorstellen koennt, wie gut es uns im Moment geht. Gleich gibt es Mittagessen. Kartoffelsalat und Huehnerbeine. Wolfgang und Silvia kommen dazu, dann wird es wieder lustig. Vor ein paar Tagen habe ich zum Sundowner eine Pfanne Garnelen mit Knobi gemacht und Wolfgang und Silvia haben selbstgebackenes Brot mitgebracht. Hmm, lecker!  Wir essen mit den Fingern aus der Pfanne, denn der Abwasch ist an Bord immer so laestig. So geht der Sundowner dann bis in die Nacht. Das Gleiche haben wir nochmal am Wochenende vor, nur mit Miesmuscheln. 

Und wieder ziehen wir weiter, diesmal ist die kurze Ueberfahrt von Ua Pou nach Nuku Hiva fuerchterlich. Starkwind mit hoher Welle. Sehr nass und alles im Boot fliegt durcheinander.  Nach 5 Stunden ist der Spuk vorbei und der Anker faellt vor der Hauptstadt der Marquesas mit dem schoenen Namen Taiohae. Der Anblick ist nicht so ueberwaeltigend, wie bei den anderen Inseln. Die Bucht liegt sehr frueh im Schatten und es regnet die ersten Tage viel. Die kleine Stadt hat einen Markt am Samstag, der seine wenigen Waren zu einer unchristlichen Zeit feilbietet und zu stolzen Preisen, von 4 - 7 Uhr morgens! Fuer uns heisst es morgens im Stockdunkeln mit dem Beiboot anlanden. Nicht sehr schoen. Nach dem Markt trinkt man an der Pier mit den Insulanern ganz gemuetlich seinen Kaffee und kommt bepackt mit Gemuese und frischem Baguette zum Fruehstueck an Bord.

Unsere Stimmung  hat einen Knacks bekommen. Wir haben ein Leck im Wassertank, die Wasserpumpe vom Klo ist undicht und beim Anlassen will der Motor nicht so wie wir. Also, Aermel hoch! Das Loch im Frischwassertank kann Uli stopfen und fuer's Klo haben wir von einem anderen Segler einen Pumpstutzen zum Auswechseln bekommen. Die Geschichte mit dem Motorstarter koennen wir wohl erst in der Werft reparieren. Haben solange eine Notloesung gefunden. Also, nicht jammern, alles wird gut.

Alle Marquesas sind vom Tourismus praktisch noch unberuehrt. Die meisten haben zwar kleine Gras- oder Schotter-Flugplaetze, aber die Landwege zu den Doerfern sind schwierig und so gibt es auch nur wenige Unterkunftsmoeglichkeiten. Mit dem Mietauto sehen wir uns  die wilde gruene Insel an. Einige Strassen sind gut betoniert, andere nur schlickig. Es geht durch Baeche und tiefe Taeler, ueber Serpentinen und einen 1200 Meter hohen Pass mit tollem Ausblick. Unser Pick-up hat Vierradantrieb und macht alles mit.  In den Buchten gibt es kleine schwarze Straende mit Palmen.

Ulis Geburtstag am Sonntag wollen wir noch ganz schoen mit LOMAs auf Nuku Hiva feiern. Das Geburtstagsessen im einzigen Hotel ist Spitzenklasse, auch wenn der Fussweg  weit ist. Auf dem Rueckweg kommen wir an der gerade eingeweihten Festhalle auf ein Bierchen vorbei. Wolfgang und ich werden sofort von den Einheimischen zum Tanz aufgefordert. Meiner, ein von Kopf bis Fuss taetowierter kraeftiger Kannibalenenkel und Wolfgangs, eine kraeftige dunkelhaeutige Suedseeschoenheit. Uli und Silvia bleiben als Ladenhueter sitzen und wundern sich zerknirscht, was sie falsch machen. Haben wir dann ganz schnell herausgefunden. Sie sind beide einfach zu mager! Hier sind meine Roellchen gefragt und Wolfgangs Knackigkeit. Mein Verehrer sitzt am naechsten Morgen schon wieder an der Pier und schaut mir verliebt nach. Wenn mein Skipper nicht spurtet , suche ich mir hier einen neuen. Ich habe die Auswahl. Sie koennte auch auf  eine "Maennerfrau" fallen. Diese Maenner wurden wegen Maedchenmangels von klein an als Maedchen erzogen, um im Haushalt mitzuhelfen. Sie laufen teilweise geschminkt herum, mal in Maenner- und mal in Frauenkleidung. Gern spreizen sie den kleinen Finger ganz vornehm ab oder verwerfen sich eindeutig. Wuerde bei uns zuhause bestaunt werden, hier ist es ganz normal und diese Mann-Frauen geniessen hohes Ansehen. Solch einen vielseitig verwendbaren Mahu (so werden sie genannt) koennte ich gut in der Pantry gebrauchen.

Na ja, und am Montag wollen wir dann eigentlich los, aber Wolfgang hat noch einen Termin um 9 Uhr beim Taetowierer. Wir haben zufaellig den gleichen Weg. Mal fragen, was es so kostet und was er so fuer Muster hat. Schoene Sachen und nullkommanix haben wir alle Termine. Wolfgang gleich, Silvia spaeter und wir um 13 Uhr. War eine blutige Angelegenheit und dient den ehemaligen Kannibalen wohl als Ausgleich. Nun sind wir alle taetowiert, nur Silvia hat im letzten Moment gekniffen. Sie haette nicht zuschauen duerfen! Die Schmerzen und das Blut sind nicht ohne und Wolfgang stand kurz vor einer Ohnmacht. Wer schoen sein will muss leiden. Uli und ich haben uns einen Tiki auf den Oberarm schiessen lassen. Was unsere Enkelkinder wohl dazu sagen werden. Eine taetowierte seefahrende Oma hat nicht jeder!

Nun aber Anker auf in Richtung Tuamotus, sonst lassen wir uns noch einen Haken als Hand verpassen.

Liebe Gruesse