Cartagena bis San Blas
 
 
 

Per aspera ad astra
Nach einigen pinselschwingenden Wochen auf der Werft in Curacao freuen sich TRUANT und Besatzung auf die verdiente schnelle Überfahrt zu den San Blas Inseln. Ein Irrtum - statt der erwarteten Stürme und gefürchteten hohen Seen ("karibische Biskaya") gibt es entlang der kolumbianischen Küste nur Flauten, Gegenstrom und Gegenwind. Tägliche Kurzwellen-Funkgespräche mit dem Sohn auf Großer Fahrt lindern die Pein des Gegenan-Kreuzens. Im Morgengrauen des 9. Tages sichten wir bei Donnerwetter Cartagena de Indias und und beschließen einen Zwischenstopp. Kurzfilm
 
 

Die Altstadt von Cartagena
ist mit seinen hübschen brüchigen Fassaden und Türstehern vor den Emerald-Läden eine Mischung aus Havanna und Reeperbahn, umgeben von einer kilometerlangen intakten Stadtmauer. Die starken Festigungsanlagen und die hingebungsvolle Verteidigungsbereitschaft ihres berühmten Admirals (erst ein Auge, dann ein Arm, ein Bein und schliesslich sein Leben) zeugen von der einst handelsstrategischen Bedeutung der Stadt.
 
 

Ein letzter Schluck Kultur
Lebendige Einkaufsstrassen mit stilvollen Restaurants, Musikgruppen an der Stadtmauer und "fliegende Tänzer" mit blitzschnellen Bewegungen vor blassen Touristen bleiben uns in Erinnerung. Nach einigen leckeren Gläschen und 200 Liter Diesel drängen das beliebte Kidnapping ausserhalb der "sicheren" Altstadt und der Unterwasserbewuchs am Schiff auf zügige Weiterfahrt. Küstenwache, Drogenpolizei und Sprengstoffexperten entlassen uns nach 4-stündiger vergeblicher Suche in allen Schapps.
 
 

Endlich Panama
Nach weiteren windschlappen Tagen und dümpeligen Nächten fällt endlich der Anker in der Bucht von Puerto Obaldia, dem östlichsten Einklarierungshafen von Panama. Kein anderes Schiff weit und breit. Jung und Alt feiern gerade den Unabhängigkeitstag vom ungeliebten Kolumbien. Immigration, Police Office und Drogenhund müssen unseretwegen am Wochenende Überstunden machen. Wir beäugen unter der gemischten Bevölkerung die ersten wenigen (im Bild nicht sichtbaren) Kunas.
 
 

Kuna Yala
So nennen die seit 3500 Jahren hartnäckig überlebenden Kuna Indianer ihr geliebtes Land, dass sich auch von Panama weitestgehende Autonomie bewahrt hat und nun auf 120 Meilen Länge in Westrichtung entlang der Küste mit ca 400 Winzinseln vor uns liegt - San Blas. Es heisst, sie wären liebevoll zu allen Fremden, würden aber aufgrund ihres unbändigen Erhaltungstriebes jeden unverzüglich in die Unterwelt befördern, der ihnen ans Zeug will (leider sind sie seit 50 Jahren bekleidet) oder ihre Kokusnüsse klaut. Im Bild am Ufer das versteckte Dorf Carreta und auf dem Hügel links der Friedhof.
 
 

Begrüßungsgeschenke
Noch skeptisch, hatten wir eine so herzliche Begrüßung gar nicht erwartet. Die jungen Kunas können etwas Spanisch. Der Austausch von Regalos (Geschenken) ist obligatorisch und so erlernen wir nach kürzester Zeit auch die wichtigsten Kuna-Vokabeln wie Bastia (Bonbon), Pipa (Kokusnuss), Ulu (Einbaum), Nu edi (danke). Mit ca. 50 Kindern im Gefolge werden wir zum Dorfhäuptling (Sahila) geschleppt und von ihm und seinen Ältesten begutachtet - und dürfen bleiben.
 
 

Zeitlos
Dem Kleinen kommt das zwar noch spanisch vor, aber sonst begegnen uns alle Einwohner offen, neugierig und sehr freundlich. Im traditionellen Festlanddorf Carreta wohnen ca. 50 Familien in einfachsten (fast leeren) Palmenhütten mit bis zu 10 Kindern. Der weise, fleissige und strenge Sahila (wir durften später "Jim" zu ihm sagen) ist stolz auf die Ruhe und Sauberkeit im Dorf. Kein TV, kein Radio, kein Strom, kein Telefon, kein Licht, kein Auto, kein Aussenborder. Kein Müll zwischen den engen Hüttengassen und abends wird unter den Palmen der Sand gefegt, um am Morgen eventuelle Spuren von Krokodilen oder anderen Eindringlingen zu orten.
 
 

Glücklich und zufrieden
Sie leben von Fischen, etwas Gemüseanbau, Kokusnüssen und Liebe. Dank der  Kunstfertigkeit der Frauen (hier beim Bonbon füttern), mit bunten Stofffetzen  mehrlagig zusammengenähte "Molas" als Bilder oder Brustvorhänge für uns Besucher zu erstellen, kann aus der Dollar-Gemeinschaftskasse gelegentlich sonstiges Küchenzubehör aus Obaldia beschafft werden. Pro Monat sollen sich nur ein bis zwei Schiffe hierher verirren und keine Straße führt zum Dorf.
 
 
 

Unsere Exkursionen beschränken sich nach Ermahnung des Sahila auf die Dorfumgebung, da hier im Grenzland gelegentlich panamesische "Tiger" (vermutlich Ozelots) und kolumbianische Bergguerrilleros ihr Unwesen treiben sollen. Für unseren persönlichen Schutz ausserhalb des Dorfes sind Benancio (27, ledig) und Remond (17, verheiratet, zwei Kinder) abgestellt. Die Mädchen heiraten im Schnitt mit 15, manchmal schon mit 12 Jahren. Da pro Jahr nur etwa 5 Hütten neu in Carreta gebaut werden, ist es ein Rätsel wo die Kinder bleiben.
 
 

Auf dem Friedhof
Die Toten durchwandern mehrere Unterwelten, der weitere Verbleib war nicht präzise zu ergründen. Im Himmel Harfe spielen, wie der wöchentlich vorbeikommende katholische Priester ihnen einreden will, halten die Kunas jedenfalls für reichlich naiv. Grabbeigaben unter den schattigen Strohdächern sind Tisch, Hocker, Töpfe und manchmal Spielsachen.
 
 

Maritas email-Bericht ueber Carreta:
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Isla de Pinos
Wir hätten uns länger in Carreta mit Fisch und Langusten verwöhnen lassen sollen, denn schon auf der nächsten Insel berichten Bewohner von gelegentlich auftauchenden nordamerikanischen Segelbooten mit vielen Dollars an Bord. Unsere Bonbon-Währung zieht hier nicht und der Sahila ist ein schmuddeliger rülpsender Schlappi in seiner Hängematte. Um des lieben Friedens Willen kaufen wir ein paar Molas, erkunden die an sich hübsche kleine Insel per Fuß und die Riffe per Schorchelbrille.
 
 

Green Island und Waisaladup
erreichen wir nach mehreren weiteren Zwischenstopps auf bewohnten und unbewohnten Inselchen. Die Navigation in diesem riffigen Gebiet ist meist kitzlig, aber die kleinen Paradise entschädigen für alle Mühe und die weichen Knie beim Finden eines geeigneten Ankerplatzes. Obwohl 6 bis 10 Meilen vor der Küste, kommen fast täglich Kunas mit ihren Einbäumen angepaddelt und versorgen uns mit dem Nötigsten (zB. Langusten und frischem Gemüse). Schöne Zeiten.
 
 

Admirals Cup reif!
Manche nutzen bunte Laken, um vor Sonnenuntergang wieder rechtzeitig bei ihrer Familie zu sein. Zwei Hände zur Segelführung, ein Paddel als Ruder und eine Hand zum ständigen Wasserschöpfen. 
 
 

Pablo und seine Familie
übernachten manchmal in Sichtweite auf dem unbewohnten Green Island unter freiem Himmel. Die 2 bis 3 m langen Krokodile, die auch gelegentlich um TRUANT herum schwimmen, fürchtet er nicht. "Die mögen lieber kleine Perros". Deshalb haben wir kaum Hunde gesehen. Auch mit uns haben die Krokodile wie auch die 3 m langen Ammenhaie Frieden geschlossen - nur die Kokusnüsse fallen manchmal gefährlich nahe.
 
 

Zwischen Banedup und Tiadup
Der aufmerksame Leser ahnt, dass Dup auf kunisch Insel bedeuten muss. So enden alle Inselnamen hier. Bei Dito und Familie (rechts Sohn mit Krokodilfutter) erstehen wir natürlich 2 weitere Molas und dürfen ihre hübsche Insel erkunden. Überhaupt werden wir den Eindruck nicht los, dass diese Naturmenschen uns entwicklungsmäßig doch weit voraus sind. Die Männer haben die Evolutionsstufe des Bartwuchses schon hinter sich gelassen und die Frauen verstehen es prächtig, unsere kleinen Dollarreserven flugs in hübsche Molas zu verwandeln.
 
 

Kuna Hotel Los Grullos/Kuanidup
10 Hütten auf Sand gebaut mit geräumigem Doppelbett (alternativ Hängematten), einer Speisesaal- und Bewirtschaftungshütte, Toilette/Dusche mit frischem Regenwasser, Solarpanels für Strom und viel Sandstrand mit bunten Korallenriffen. Vollpension 65 Dollar. Sehr hübsch, aber ihr merkt, wir kommen weiter westlich.
 
 
 

Islas Ammen / Chico
Die Weihnachtszeit naht und wir suchen uns noch einmal eine unverdorbene traditionelle Gemeinde, um zu ergründen wie sie dieses Fest feiert. Tatsächlich schleicht 3 Tage vorher schon ein Weihnachtsmann (den Kuna erkennt man nur am dunklen Nacken, der unter der roten Pudelmütze hervorscheint) durch die schmalen Gassen von Chico. Hier leben 600 Menschen auf 120 x 30 m Inselfläche. Aus der Gemeinschaftshütte dringt "Oh Tannebaum.." auf kunisch, dann auf spanisch. Wir bekommen zur Begrüßung ein viertelstündiges Extraständchen aus 80 kleinen Mäulern, angeordnet vom jungen Priester Adriel.
 
 

Vorweihnachts-Regatta
Zwei Tage vor Weihnachten ist TRUANT Mittelpunkt und Wendemarke der Ruderregatta vor dem Dorf. Unglaublich, wie die kleinen Jungs schon mit ihren Ulus  verwachsen sind und sich auch noch gegenseitig umkippen. Wir feuern an und die stolzen Sieger der 8 Ulus werden von einer bunten Menge am Ufer gefeiert.
 
 

Wie Schnee am Heiligabend
ist unser Ankerplatz pünktlich mit endlosen Algen- und Tangfeldern eingedeckt. Jungs und Mädels holen sich strahlend ihre Bonbonration und Plüschtiere. Wir werden mit kunstfertigen Handarbeiten, Räucherfisch, Kokusnüssen, Yuka und anderem Gemüse beschenkt. Feliz Navidad!
 
 

Sie hat sich so hübsch gemacht
weil ihr Mann zu Weihnachten gern ein Foto möchte. Aber unser Drucker streikt. Nun muss sie warten, bis ihre Enkel (hoffentlich nicht so bald) einen DSL Internet-Anschluss haben.
 
 

Abschied vom Sahila
Die Bordfrau hat ihn in der schummrigen "Congresso"-Hütte entdeckt. Er liegt zugedröhnt mit seinen 3 Untersahilas in der Hängematte und hält eine wichtige Sitzung. Wir dürfen nicht stören und auch leider nicht fotografieren. Dieses lokale Verwaltungssystem scheint zu funktionieren - alle sind zufrieden und trotz der unfassbaren Enge äußerst friedlich. Zum Abschied überreichen wir verrückterweise einen Lederfußball; weiß der Teufel, was sie damit auf der Winzinsel anfangen können.
 
 

Ein letztes Foto
und dann geht es wieder Anker auf. Gern wären wir noch viel länger geblieben, aber die Südsee ruft. Wat mutt dat mutt.
 
 

Maritas email-Bericht ueber Weihnachten auf Isla Ammen:
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Kinder der Welt
Schachspielerin in Cartagena; staunende Kuna Kinder; kleine Kunas beim Bonbon-Freudensprung; meine Blüte
 
 

Gäste an Bord
Cuarcao-Werft mit lieben Segelfreunden von LOMA, YARA und RISHO MARU; mit Gerard und Regine beim Langusten- und Krabbenmahl; mit Eochebio und Giovanni auf Green Island; mit Dominique und Alexandra auf Kuanidup.
 
 

Flora und Fauna
Seltener viereckiger Seestern; Pelikane beim Abendmahl; frisches Gemüse im Paradies; bescheidene Bordration Langusten
 
 

Feliz Ano!
Nach 2 Monaten Kuna Yala, wunderbaren Menschen, paradiesischen Inseln und um 28 Molas reicher ist es Zeit für den Panamakanal und den Pazifik. Macht's gut, liebe Kunas und bleibt wie ihr seid!