Hallo ihr Lieben,

nun ist es soweit! Der Panama-Kanal kommt in Sichtweite. 7 nm davor verkriechen wir uns hinter einer kleinen Insel, Isla Grande. Draussen brettert es mit Windstaerke 7 und 4-5 m Welle. Wir liegen ruhig und feiern zusammen mit SY LOMA (Silvia und Wolfgang aus der Schweiz) Silvester und mit einem Buechsenfest (die Backskisten muessen geleert werden) Abschied vom Atlantik.

Ein paar Tage spaeter mischen wir uns bei anhaltend ruppigem Wetter unter die Grossen, die wie an einer Perlenkette den Kanaleingang bei Colon ansteuern. LOMA verschwindet ab und an neben uns im Wellental. Kurz vor der Hafeneinfahrt heisst es Segel runter, Handsteuerung. Der Kurs ist schwer zu halten bei dem Wind und der Welle, die Einfahrt erscheint mir mit 500 m Breite viel zu eng und steuerbord parallel zu uns faehrt ein grosser Stueckgutfrachter. Ein Omen? Es ist ein Schiff von der ehemaligen Reederei unseres Sohnes aus Leer, mit dem er vor ein paar Jahren in Kanada in Seenot geraten war. Uli ist die Ruhe selber und ich schwitze und fluche am Ruder. Nicht rechts und nicht links sehen, Kurs halten. ...und dann wird es etwas ruhiger. Wir sind im Hafenbecken, das grosse Schiff dreht ab.

An Land schnappt uns sofort ein Agent und schleust uns durch die Behoerden. Bis wir damit fertig sind, dauert es trotzdem ein paar Tage. Am Ankunftstag fliegen dann auch gleich Fender und Leinen an Bord fuer die Schleusungen. Der Vermesser kommt wegen der Berechnung der Kanalgebuehr und danach muessen die Leinen wieder zurueck an Land. Keine Ahnung warum. Beim Schleusen sollen neue gegeben werden. Nun muessen die Gebuehren eingezahlt werden, 2 Tage haben wir dazu gebraucht. Erst wird VISA akzeptiert, dann wieder nicht, dann Schalterschluss. Die CITYBANK, einzige Einzahlstelle fuer die Kanalgebuehren, ist voellig ueberfordert. Naechster Tag neuer Anlauf. Zum Geldautomaten einer professionellen Bank, Geld ziehen, geht. Natuerlich sind die Betraege begrenzt und gottseidank habe ich noch was im Schiff. 600 Dollar Kanalgebuehr und 850 Dollar Deposit sind also in cash hinterlegt. Ob wir das Deposit jemals wiedersehen? (Anmerkung spaeter: ja, war nach 4 Wochen wieder auf unserem Konto).

Zur Stadt Colon gibt es nur vier Worte zu sagen: rott, laut, dreckig, kriminell. Vor den Laeden stehen schwer bewaffnete Sicherheitsleute und rein kommt man nur nach anklopfen und Gesichtskontrolle. Dabei muss die Stadt mal sehr schoen gewesen sein, man sieht es an der Architektur der jetzt halb verfallenen Haeuser. Uli findet den grossen zollfreien Bezirk sehr interessant, sucht aber vergeblich seinen Pfeifentabak.

Wir haben alles geregelt. Proviant gebunkert fuer den Lotsen und die 3 Leinenjungs und versuchen gelassen unsere Nervositaet zu verstecken. Der Wind hat wieder zugenommen, 30 Knoten am Ankerplatz. Wir muessen an Bord bleiben, falls der Anker sich loest. Also wird Diesel gefiltert. Ein wackeliges Unterfangen und wir kleckern alles voll und stinken nach Sprit.

Am 17.1.2007 um 17.45 kommen die drei Leinenjungs an Bord und um 18 Uhr werden zwei Lotsen uebergesetzt, einer zum Anlernen. Bei immer noch 30 Knoten Wind fahren wir mit zwei weiteren Yachten (LOMA und einer spanischen) in Richtung der ersten Schleuse. Alle sind nervoes und das Geplapper in verschiedenen Sprachen macht mich noch verrueckter. Vor der ersten Schleuse sollen wir drei an einer Mooring zusammengebunden werden. Super! Stockdunkel, Welle und 30 Knoten Wind! Mit Haengen und Wuergen ist der Spanier fest. Gefaehrlich ist es mit den Masten, die schlagen hin und her und rauf und runter. Natuerlich nicht im Gleichklang! Bruch ist schnell da. Unsere Schweizer Freunde von LOMA verweigern sich und gehen erst kurz vor der Schleuse laengsseits an uns ran. Als Mittelschiff ziehen wir den Dreierpack langsam in die Schleuse. Vor uns noch ein dicker Pott, ich werde immer stiller und kleiner. Uli darf diesmal das Ruder halten und macht es mit Bravour.

Nach diesen ersten drei Schleusenkammern aufwaerts weitet sich der Kanal und wir sind im 25 m hoeheren Gatunsee. Tiefschwarze Nacht, der Wind ist schlafen gegangen und wir sollen eine schwarze Mooring finden zum Uebernachten. Wo ist sie? Unsere schwatten Leinenboys haben sie gefunden. Rauf, festbinden, Motor aus und fertig. Ruhe gibt es aber noch nicht, ein tierisches Affengebruell aus dem schwarzen Dschungelufer begruesst uns. Nun kommt Silvias und mein Part (LOMA liegt mit an unserer Tonne): Kochen! Um 23.30 Uhr ist gedeckt. Unsere drei Jungs haben riesige Portionen Kartoffelsalat und jeder 3 Filetsteaks sowie Nachtisch verzimmert. Fuer Uli ist nur noch ein Steak uebrig, fuer mich keins. Um ca. 2 Uhr liegen wir dann in der Koje. Unsere zwei Lotsen waren schon gleich nach dem Schleusen ausgestiegen, haben vorher aber auch Interesse an was Essbarem gezeigt. Wurstsalat nach fraenkischer Art war ihnen gereicht worden, in der Hoffnung, dass sie uns langsamen Seglern am nächsten Tag wohlgesonnen sind.

5 Uhr Wecker! Mit verquollenen Augen hab ich mich dran gemacht, 24 Sandwiches zu schmieren. Jungs wecken, Kaffee reichen und in 10 Minuten war das Fruehstueck verzimmert. Uli bekommt wieder nur ein Sandwich und ich eine Banane. Schnell das Boot klar machen, um 6 Uhr kommt der Lotse zur Weiterfahrt. Um 6.35 Uhr sind die Lotsen der beiden anderen Boote da, unser fehlt! Es wird gemurmelt "verschlafen", kommt vielleicht in einer Stunde, oder bis 12 Uhr, wenn bis dahin nicht, dann morgen. Toll! Einsam blieben wir an der Tonne zurueck. Unsere Leinenboys machen auch lange Gesichter und mir wird Angst bei dem Gedanken, dass unser Lotse, sollte er denn kommen, schlechte Laune hat und auf's Tempo drücken wird. Wir mussten uns naemlich bei den Behoerden verpflichten 8 Knoten Speed durch den Gatunsee zu fahren. Koennen wir gar nicht als Dauergeschwindigkeit, nur knapp 7. Haetten wir es angegeben, waeren nochmal 440 Dollar zusaetzlich zu loehnen gewesen. Werden wir jetzt erwischt, sind diese 440 Dollar auch faellig, als Strafe. Wie sinnig. Ist der Lotse gut gestimmt, drueckt er alle Augen zu.

Schon um 7.15 Uhr trauen wir unseren Augen nicht, ein Lotse wird uns an Bord gebracht. Seine erste Frage wie befuerchtet: "Wie schnell laeuft die Yacht?" Unsere Antwort ist natuerlich: "8 Knoten". Dann los, hinter den anderen Schiffen her und voll Speed aufholen. Ich frage suesslich: "Moechten Sie einen Cappucino?" Natuerlich gern und dazu noch ganz leckere Kekse, ein paar Dosen Cola und ein gutes Mittagessen. Er hat sich bei uns an Bord richtig wohl gefuehlt und beim stolzen Erzählen von seinen Kindern nicht mehr auf die Logge (Geschwindigkeitsmesser) geachtet. Die drei Leinenjungs haben derweil unsere Schraenke gepluendert. Chips, Schokolade, Quark und alles moegliche Trinkbare.

Kurz vor den letzten Schleusungen haben wir die zwei anderen Yachten eingeholt. Unser Lotse fragt skeptisch rueber zum LOMA-Lotsen, wieviel Knoten sie fahren. Der LOMA-Lotse ganz keck, 8 Knoten. LOMA kann nur 3-4 Knoten. Als unser Mann dann merkt, dass wir befreundet sind, hat er Ruhe gegeben. Diesmal ist das ins "Paeckchen" gehen einfach. Ohne Welle und ohne Wind bei strahlendem Sonnenschein sind wir rein in Pedro Miguel und dann in Miraflores. Vor Freude (und wegen der Webcam) tanzen wir an Deck und winken.

Und dann oeffnet sich das letzte Schleusentor, wir koennen uns losbinden und in den Pazifik gleiten. Es ist ein erhabener Augenblick. Der Lotse geht von Bord, unsere Jungs werden nach dem Mittagessen samt Leinen, Fender und Muell abgeholt und es wird auf einmal ganz still an Bord. Wir segeln an Panama-City vorbei und weit hinter dem Yachtclub Balboa zu einer kleinen Bucht am Punta Culebra mit mehreren ankernden Yachten. Jetzt erstmal mit Silvia und Wolfgang auf unserem Schiff den Pazifik mit einem Bier begruessen. Auch ich habe zugelangt nach vielen Monaten ohne Alkohol. Na ja, und ein Glas Wein kann auch nicht schaden. Unsere Stimmung schwillt an, als franzoesische Freunde an Bord kommen mit Champus. Auf uns alle, auf den Pazifik und auf die Welt und ganz besonders auf Uli, der uns alle ohne Schramme im Dreierpack durch die 6 Schleusenkammern gebracht hat! Es wird wieder sehr spaet, sehr laut und froehlich. Wolfgang weiss bis heute nicht, wie er mit Silvia im Dingi auf sein Boot gekommen ist.

Jetzt, 3 Wochen spaeter, lassen die Muskelschmerzen durch die ganze Anspannung nach. Die Nerven sind wieder ruhig und wir ruesten fuer den Urlaub auf den Las Perlas Inseln im Golf von Panama. TRUANT liegt sehr tief, soviel haben wir eingebunkert. Und wir freuen uns auf Galapagos. Der naechste Traum!

Bis zur naechsten email, alles Liebe von

Marita