Liebe Familie, liebe Freunde,

diesmal gibt es nichts Abenteuerliches, Spannendes oder Spektakulaeres zu berichten. Und trotzdem muss ich mich frei schreiben von einer Herzensangelegenheit. Jetzt auf den Fiji-Inseln brauche ich einen freien Kopf von Samoa, um diesen neuen Staat wahrzunehmen. Aber so ist es nun mal, wenn man sich verliebt hat und von Paradies zu Paradies segelt.

Auf Tonga hoerten wir von Seglern von dem schoenen Samoa, dass wir leider zuvor wegen Sturm nicht erreichen konnten. Mit dem richtigen Wind (Kurs hart am Wind), aber hoher Welle, liefen wir nach 50  nassen Stunden (= 370 nm - rekordverdaechtig) zurueck nach Somoa in die Marina der Hauptstadt Apia ein. .......und die Quaelerei hat sich mehr als gelohnt!

Samoa, der Name klingt schon wie Musik, ist eine romantische und weiche, huegelige Insel mit weitreichenden Palmenplantagen, ausladenden riesigen Mangobaeumen, bizarren Papayagebilden und prall vollen Bananenstauden. Die Strassen sind gesaeumt mit vielen Blumen (davon ganze Kissen Fleissiges Lieschen), bluehenden Staeuchern und  bunten Bueschen. Die Luft ist geschwaengert von den vielen suessen Dueften der Blueten der silbernen Frangipani-Baeume. Madeira laesst gruessen! Im Urwald finden wir Teakriesen und es gibt Flughunde, die sich uns aber nicht zeigen.  Wundervolle Wasserfaelle machen die Dschungellandschaft perfekt. Auf den "Almen" grasen Kuehe. Dann gibt es wieder Waelder mit den breit gefaecherten knallorangebluehenden Flamboyantbaeumen mit ihren gefiederten Blaettern. Dieser Wald sieht immer etwas vernebelt aus und erinnert an das geheimnisvolle Avalon.

Unberuehrte "Film-Straende" erstrecken sich an der Suedseite. Man kann dort auf Fales (Haeusern auf Stelzen) fuer ein paar Euro uebernachten. Meistens gibt es zu den Fales Verpflegung von den Insulanern dazu. Auf jeden Fall aber mangelt es nicht an Kokosnuessen, die als Grundnahrungsmittel dienen. Die Milch ist sehr nahrhaft, schmeckt lecker und loescht Hunger und Durst. 

Entlang der Strasse liegen schmucke Runddoerfer. Die Fales, ob klein oder gross, befinden sich in parkaehnlichen Gaerten und sind nach allen Seiten hin offen. Schlafzimmer, Wohnraum, Esszimmer und Fernsehecke (!) befinden sich in einem Raum. Jeder nimmt am Leben des Anderen teil. Manchmal grenzt an diesen Raum auch das Familiengrab. Integriert unter einem Dach. Man will seine Lieben bei sich haben. 

Mit dem Mietauto machen wir an einem Fale halt, in dem Theo's Familie wohnt. Sofort werden Namen ausgetauscht und wir mit Fragen geloechert. Wie alte Bekannte trennen wir uns zunaechst und auf dem Rueckweg ist es ganz natuerlich, uns zum Essen einzuladen. Bananen mit Reis. Mehr haben viele Leute hier nicht, aber das Wenige wird geteilt. Wie immer haben auch wir Geschenke dabei. Fuer Theo's Frau eine huebsche Haarbuerste und fuer Theo einen Niro-Angelhaken.

Die kleine Hauptstadt Apia laesst jedes Heimwehgefuehl nach Europa ersticken. Es gibt kleine Strassencafes, Restaurants, in denen man in Gaerten Essen kann, Kneipen mit Tischen und Stuehlen auf den Buergersteigen, die gezapftes Bier ausschenken und dabei trifft man immer wieder auf die wohl strahlendsten Menschen der Welt, auch wenn man den minimalen Schuss preussischer Ordnung nicht verleugnen kann. Der drueckt sich aus in Sauberkeit und dem Hang zu Marschmusik. Taeglich marschiert die Besetzung der Polizeiwache mit Pauken und Trompeten durch die Stadt, um vor dem Regierungssitz die Flagge zu hissen.  Fragt man die Samoaner nach den Deutschen, sind sie voll des Lobes und erzaehlen uns stolz von Verwandten aus laengst vergangenen Zeiten aus Deutschland und davon, wer alles deutsche Namen hat. Manchmal sind die Namen nicht richtig verstanden worden und dann kommt sowas raus, was wir kurz vor unserem Abschied erlebt haben. In einem Lokal stellte sich ein Samoaner vor als Utu und Uli als Otto. Das Gelaechter war gross. Als wir Utu erneut trafen lachte er wieder und murmelte Otto. Wir haben ihm auch erzaehlt, dass es in Europa "Lachkurse" fuer Geld an der Volkshochschule gibt, er dachte, wir verkohlen ihn und ich hoere ihn immer noch groelen vor Vergnuegen. Weiteres Beispiel: In einem Cafe bestellt Uli einen Doppelten Espresso bei der Bedienung, die heute ihren ersten Arbeitstag hat. Sie serviert ihm zwei einfache Espressos. Uli stutzt und sagt: "Oh, was fuer ein schoener Doppelter Espresso." Die Bedienung stutzt ebenfalls, bricht in lautes Lachen aus und das ganze Lokal lacht mit. Dieses ansteckende Lachen hier ist die beste Medizin. Es haelt uns jung und gesund.

Noch eines habe ich hier gelernt: das Kavatrinken! In Gespraechen mit Einheimischen haben die immer wieder zu mir gesagt, ich soll doch Kava trinken, dann ist mir nicht so heiss. Ich dachte, die machen sich einen Spass mit mir, denn die Wirkung von Kava ist betaeubend und deshalb lachen die Samoaner auch immer, wenn sie es den Palagis (Fremden) empfehlen. Nachdem mir das Wasser in Baechen runterlaeuft bedraenge ich Uli, mit mir auf den Markt in die Kava-Ecke zu gehen, wo sich nur Maenner aufhalten. Wir setzen uns auf ein Baenkchen dazu und werden grinsend beobachtet. Aus einem grossen Holztopf (Tanoa) bekommen wir mit einem Schoepfloeffel eine halbe Kokosschale voll Kava gereicht. Es ist eine graubraune Bruehe (wie Bohnensuppe), die etwas nach Pfeffer schmeckt. Man kann sie trinken, aber eine Schale reicht mir erst. In den Gespraechen mit unseren Mittrinkern erfahren wir dann wieder, dass es gut gegen Schwitzen ist. In der Mittagshitze verlassen wir den Markt und ich bin trocken!!! Ein Teufelszeug! Nur unser Mund ist etwas pelzig von der Betaeubung. Irgendwie sind wir auch total guter Laune, aber das Denkvermoegen ist in keinster Weise beeintraechtigt. Ab sofort zieht mich jeder Kava-Topf an, egal wo wir einen sehen. Auch hier in Fiji. Das beste Mittel fuer Frauen in den Wechseljahren.

Mittlerweile haben wir viele Freunde in Apia gefunden. Die Waechter in der Marina winken schon von weitem. Man bezieht uns mit ein, diskutiert unverkrampft miteinander und freut sich, wenn man sich trifft. Alles geht gemuetlich und ohne Stress. Ein kleiner Strassenjunge bekommt seine taegliche Cola und bringt manchmal Freunde mit, die dann auch davon profitieren. Auch mit ihm wird ein Plaeuschchen gehalten. Alles ist hier natuerlich. Es gibt kein zur Schau stellen. Jeder wird so akzeptiert wie er aussieht oder was er an hat. Auch Alter spielt keine Rolle. Dadurch haben die Samoaner ein starkes Selbstbewusstsein, eine Offenheit, eine innere Ausgeglichenheit und Froehlichkeit. Jedes Verbissene geht ihnen ab. Selbst die Kirche hat sie nicht so im Griff wie auf Tonga. Jeder macht es, wie er will.

Zu all diesen schoenen Erfahrungen kommt auch noch, dass das Leben hier nur 1/3 von dem in Deutschland kostet. Taxifahrten von der Stadt raus zum Yachthafen (2 km) kosten 1 Euro. Paradiesisch und Heizkosten fallen auch keine an.

Ist es also ein Wunder, dass ich mich in Samoa verliebt habe!? Ganz bestimmt werde ich noch einmal wiederkommen oder vielleicht den Rest meines Lebens hier verbringen. Wer weiss!

Ganz liebe Gruesse, verbunden mit viel Lachen.