Madagaskar
Happy Birthday
Das bescheidene Geburtstagskind wünscht sich einen unbeschwerten Kurzurlaub
auf Madagaskar. Also besser ohne Boot, wenn man auch was vom Land sehen will,
das zu den ärmsten und korruptesten zählt. Vom Anflug auf die Hauptstadt
Antananarivo raten Reiseagenturen ab und empfehlen den Direktflug zur Insel Nosy
Be im Norden. Das kleine intime Nosy Be Hotel am Weststrand überrascht
mit einem 5-sternigen Geburtstagsmenue.
Die Landroute
Von Nosy Be (links unten) setzen wir mit der Fähre über und fahren über
Ambilobe nach Diego Suarez (Antsiranana) und wieder zurück. Drei Nationalparks
liegen auf der Strecke, eine gute Gelegenheit, etwas von der Artenvielfalt des
Landes mitzubekommen.
Nun hatten wir uns gerade wieder an den Euro gewöhnt, da geht es schon wieder los mit stapelweise Geld zählen. 3000 Ariary sind ungefähr 1 Euro. Auf Nosy Be wird zunächst per Motorroller die Stammkneipe der Segler an der Crater Bay angesteuert. Weil es auf Nosy Be gerüchteweise die hübschesten Mädchen der Welt geben soll, streunen zufällig viele Einhandsegler durch den Hauptort Hellville.
Nosy Be ist auf befestigten Straßen in wenigen Stunden umrundet. Ein bescheidener Tourismus entwickelt sich, besonders Italiener scheinen sich hier wohl zu fühlen. Den Insulanern geht es dadurch etwas besser als auf der großen Schwesterinsel, aber viele Familien leben nach wie vor in bitterer Armut. Diese hier schlägt sich mit dem Verkauf von Steinen durch, die von den Frauen und Kindern zerkleinert werden.
Diese Lastenboote sieht man überall am Horizont oder auf Schlick. Und vor dem Fährhafen von Hellville auch einige Fahrtensegler, die hier einklarieren. Wir sind gespannt auf Madagaskar und setzen mit der Fähre über.
Oben links zwei Fernbusse auf dem "Highway" von Antananarivo nach Diego Suarez. Oft wegen der Schlaglöcher im Schritttempo, manchmal auch durch Flüsse oder über baufällige Brücken und Sandwege. Mit weichgefedertem Vierradantriebler übersteht unsere Wirbelsäule die Fahrt einigermaßen schmerzfrei.
Zunächst geht die Fahrt durch eine karge Ebene, vorbei an vereinzelten Strohhütten und kleineren Siedlungen. Die Sonne brennt, rechterhand das zentrale kühlere Hochland. Auf Madagaskar leben ca. 20 Mio. Menschen, deren Vorfahren aus Indonesien vor mehr als 1500 Jahren begannen, diese Insel zu besiedeln. Seither scheint sich nicht viel geändert zu haben.
Zebus, ein Kuhart mit Höcker, sind hier immer noch die Universalpferde und schmecken auch noch lecker.
Häufig stoppt der Fahrer abrupt. Er oder unser Guide haben
scharfe Augen und wieder ein Chamäleon in den Büschen entdeckt.
Faszinierend, wie sie sich ihrer Umgebung anpassen können. Die Körperlänge ohne Schwanz liegt bei 15 - 20 cm.
Naturreservat Ankarana
Im ersten Naturreservat leitet uns die fachkundige Parkwächterin Claudia zu den
besonderen Attraktionen. Sie erklärt, dass 80% aller Arten auf Madagaskar
endemisch sind, also nirgendwo sonst auf der Welt existieren. Dazu zählen zum
Beispiel die wie Blüten perfekt getarnten Raupen unten rechts.
Scharfkantige versteinerte Korallenfelder haben sich vor Urzeiten vom Meeresgrund erhoben. Während der Regenzeit (November bis April) verschwindet ein Fluss im Loch und taucht 25 km später wieder auf. Als Größenvergleich der Schattenwurf der Truant Crew.
Sind sie nicht süß? Ein Kronen-Lemur beobachtet uns neugierig.
Sie leben in Gruppen, machen große Sprünge und sind scheu. Rechts und oben Braun-Lemuren. Claudia sagt, sie hätte noch nie so viele an einem Tag gesehen, weil wir so brav leise waren.
Wir übernachten in einer kleinen Hütte (oben links) am Rand des Ankarana-Naturreservats. Morgens kurz vor Sonnenaufgang erwacht die Familie gegenüber. Frau holt Wasser, weckt Mann mit heissem Tee und nimmt das Kleinste an die Brust.
Auf der Weiterfahrt beobachten wir ein hier traditionelles Bestattungsritual. Der arme Dahingeschiedene ist bereits seit 3 bis 4 Jahren mausetot. Seine Gebeine werden wieder ausgegraben und "entkleidet", die Knochen geputzt und dann wandert er nach feuchtfröhlichem Gedenken des ganzen Dorfes wieder in die Gruft.
Wie meistens in heissen Landstrichen überlassen auch die madagassischen Männer den Frauen gern die Arbeit. Hier beim Wasserholen, bei der Wäsche, beim Marktverkauf und bei der Aufzucht des Sohnemanns.
Naturreservat Mt. d'Ambre
Das Dschungel-Reservat liegt im regenreicheren nördlichen Hochland. Philip, Parkwächter
und Biologieprofessor, zeigt uns die Besonderheiten. Auch hier rascheln die
Lemuren über unseren Köpfen.
Als da wären die riesigen Baobab-Bäume. An der Spitze tragen sie ein paar kümmerliche Äste, sonst bestehen sie nur aus einem dicken weichen Stamm als Wasserreservoir. Und Philip doziert spannend über den Unterschied zwischen Pflanzen, die in Symbiose mit anderen (über)leben und solchen, die ihre Wirte langsam aber sicher erwürgen. Wie der dumme Parasit rechts im Bild.
Wir bekommen als dumme Studenten nur eine leise Ahnung, was sich sonst noch gern im tropischen Regenwald versteckt: der original Madagaskar-Falke, das grüne Blaunasen-Chamäleon, das kleinste Chamäleon der Welt (nach langem Suchen) und vor dem Baumstamm rechts unten lässt er uns lange rätseln, bis er triumphierend auf den anschmiegsamen Gecko deutet. Abschlussprüfung nicht bestanden. :-(
Tsingy Rouges
Kurz vor der Endstation Antsiranana öffnet sich vor unseren Augen eine magische
Landschaft. Hundert Meter tiefer im Talkessel stehen die versammelten
madagassischen Ahnen, gespenstisch verschleiert. Eine himmlische Performance,
die nur hier an dieser einzigen Stelle weltweit erscheint. Da würden selbst die
Altöttinger blass werden. Tsingies heissen die bei Sandsturm wachsenden und bei
Regen schrumpfenden klebrigen Sandhaufen.
Antsiranana
Der alte Stadtname Diego Suarez, benannt nach einem portugiesischen
Seefahrer, ist immer noch in Gebrauch. Eine Hafenstadt am nördlichsten Zipfel
Madagaskars, die man ausser zum Übernachten in einfachen Hotels nicht unbedingt
gesehen haben muss. Oben der rotte Stadtstrand mit Blick auf den
"Zuckerhut". Solange korrupte Politiker und Staatsbeamte die
Entwicklungshilfe unter sich aufteilen, wird es hier und im ganzen Land wohl
keine besseren Zeiten geben.
Kinder
begeistern uns immer wieder und überall in den Tropen. Offene Augen, offener
Mund - irgenwie anders als in "zivilisierten" Konsum-Ländern.
Kurioses
und Landestypisches vermelden wir abschließend wie folgt:
oben hübsche(?) Nosy Be Mädchen mit Schönheitsmaske
unten links: Roland mit dicker Backe (Katy-Blätter), vorgestellt von unserem
Guide Marcello
unten rechts: Spargeltarzan mit Jane
Letzter Abend
Das war ein wunderschöner Kurzurlaub vom anstrengenden Dauerurlaub. Marita
stürzt sich gleich auf ihren Bericht.