Rolling Home
 über Dakar und Azoren


Vom Winde verlassen
Statt des üblichen großen Bogens über Brasilien und die Karibik erliegen wir der Verlockung des kürzeren aber schwierigeren Weges: durch die windarmen Kalmen und im respektvollen Abstand von den westafrikanischen Piratennestern, um die Kapverdischen Inseln zu erwischen oder notfalls bei strammem Nordoster die Azoren.

 

Fünf Wochen Seeblick
In der dritten Nacht nach Abfahrt von St.Helena hält der offenbar betrunkene Kapitän des taiwanesischen Trawlers FONG YA Nr.18 zweimal auf uns zu und schnippelt auf Bootslänge an TRUANTs Bug vorbei. Statt Ascension anzulaufen, nutzen wir den passenden Wind und queren am 14. Tag zum 4. Mal den Äquator. Nach weiteren 3 geduldigen Wochen im Zickzack gegen den Strom durch die Kalmen fällt der Anker am 35. Tag statt auf den Kapverden am Kap Verde/Dakar/Senegal.

 

Dakar, Hann Bel-Air Bucht
Hier gibt es einen traditionsreichen Segelclub: den Cercle de Voile de Dakar, kurz CVD. Ausser einem französischen Katamaran mit gebrochenem Mast liegen hier momentan nur lokale Boote und man wundert sich, dass wir vom Süden und um diese Jahreszeit kommen. Sonst sind es durchweg Gastboote im Herbst von Norden kommend, um zu überwintern oder in die Karibik weiter zu ziehen.

 

Rührige Leute
Trotz Low Season wird der Service mit 8 Mitarbeitern (Büro, Werkstatt, Wassertaxi, Laundry, Bar) ganzjährig aufrecht erhalten. Einen Monat lassen wir uns als zertifizierte Ehrenmitglieder des CVD verwöhnen von Anta und Awa im Büro, vom Wassertaxi-Charmeur Sadio und an der Club-Bar vom ehrenamtlichen Präsidenten Bernard.

 

Futtern in großer Runde
Gegrilltes Hammelfleisch mit speziellem Hirsebrei - ein tierisch scharfes Nationalgericht, genannt Lakkal. Die Muselmanen löschen mit Wasser, die Ungläubigen mit Bier. Ca. 90% der 12 Mio. Einwohner Senegals sind Muslime mit einem Schuss Animismus (anderweitigem altem Geisterglauben), daher sehr tolerant und freundlich gegenüber uns Satansbrüdern.

 

Aller Segen kommt von oben
Nebenan in der Bucht findet und riecht man die reichen Fischgründe, das Fischerdorf und den Fischmarkt. Die Kormorane im Rigg mit ihren unablässigen Guano-Segnungen von oben haben sich längst an den lautstarken subharmonischen Kastratengesang der Moscheen gewöhnt. Wir sind mit Flitsche und eigenem Geschrei erfolgreicher und geniessen die Tage hier trotzdem.



Dakar, die Hauptstadt Senegals
mit 2.5 Mio. Einwohnern hat sicherlich schon bessere Zeiten gesehen. Großzügig angelegte Straßenzüge und Gebäude aus französischer Kolonialzeit verfallen, Touristen sieht man selten, wenn dann meist aus Frankreich. Trotz der Armut ist Senegal wohl das friedlichste Land in ganz Afrika. Unten rechts einer der ständig vollgestopften "Linienbusse". Die Taxies sind billig (für uns).

 

Sie lieben es bunt
Wir sind froh, dass der Wind uns so kurz vor dem Ende der Reise ungeplant noch einmal in das pralle bunte Leben Schwarzafrikas geführt hat. Unser Aktionsradius beschränkt sich leider nur auf Dakar und Umgebung. Senegal bietet dem Besucher auch die "Big Five" in freier Wildbahn, die Casamance und den Gambia-River (Gambia) - alles ohne Apartheits-Belastung wie im Süden oder penetrante arabische Bettler im Norden Afrikas.
 

 

Interessante Fundstücke
Oben links: westlichstes Restaurant des afrikanischen Kontinents
Oben rechts: Einsiedlerfamilie in einem alten Geschützfundament
Unten links: gemischte Grundschule
Unten rechts: mahnender Plastik-Müllberg im Stadt-Museum.

 

Ile de Goree
Ganz anders als die pulsierende laute Hauptstadt ist die kleine vorgelagerte Festungsinsel Goree mit ihren schmalen blumengeschmückten Gassen und gepflegten Häusern. Kaum vorstellbar, dass dieses Refugium einmal Mittelpunkt des westafrikanischen Sklavenhandels war. Zwei Museen auf der Insel halten die Erinnerung an diese dunkle Zeit wach.

 

Gesprengte Fesseln
Dieser Erlass von 1794 beendete das unbeschreibliche Leid in den französischen Kolonien und machte die Sklaven zu freien Bürgern. Bis dahin war bereits ein Drittel der Bevölkerung deportiert; Männern, Frauen und Kinder. Bild unten rechts: in solchen Räumen warteten jeweils bis zu 600 Gefangene auf die Verschiffung in die neuen amerikanischen Kolonien oder zu den Makarenen (Mauritius, Reunion).

 

Abschied
von der CVD-Familie heisst für uns auch endgültig Abschied von Afrika nehmen. Andere Segler, die nach neuen Zielen hinter den Kanaren und Kapverden suchen, sollten hier mal vorbeischauen - im wahren ursprünglichen Afrika mit seinen wunderbar warmherzigen sanften Menschen. Au revoir chers amis!

 

Auf zu den Azoren
Die letzten Landmarken des afrikanischen Festlandes (African Renaissance Monument, Cap Verde Leuchtturm) bleiben zurück und TRUANT (Kreuz im AIS-Bild) quert die vielbefahrene Schifffahrtsstrasse östlich der Kapverdischen Inseln. Am 6. Tag kreuzen wir unsere eigene Route von 2004 und komplettieren damit die Weltumrundung. An dieser Stelle möchten wir uns einmal bei den Bubenreuther Redakteuren Udo&Elke bedanken, die uns während der langen Überfahrten täglich per email mit den News aus aller Welt versorgen.

 

Wieder zurück in Europa
In Horta auf der Insel Faial werden wir vom Empfangskomitee Peter&Ulla, SY LOVINA, begrüßt. Die Marina ist vom Feinsten, aber leider voll und Truants Anker fällt im Binnenhafen davor. Das Einklarieren bei Zoll, Immigration und Hafenmeister dauert nur Minuten. Dann sind wir wieder da im wohlhabenden "ordentlichen" Europa.

 

Wieder anfüttern
heisst es nach den wochenlangen Seereisen seit Walvis Bay. Mit den schwedischen Segelfreunden, die über die Karibik zurück gekommen waren, und der lustigen Tauchertruppe von Gerald Nowak geniessen wir die hellen Kneipen-Abende im schmucken Horta.

 

Hortensien
wachsen auf Faial wie Unkraut. Wie auch später auf Sao Miguel gesehen. Kohlkopfgroße Blüten in hell- und dunkelblau, weiss oder rosa - eine Pracht. Die touristische Hauptsaison dauert nur 2 Monate auf den Azoren: Juli und August.

 

Neuland
gewann die Insel Faial durch einen Vulkanausbruch 1958, im Bild oben alles was sich hinter dem alten West-Leuchtturm aufgeworfen hat. Unten während des Ausbruchs (Quelle Vulkan-Museum), rechts Blick heute aus der Kuppel des Leuchtturms auf das 2.5 qkm große Neuland.

 

Picos Pico
über der Kulisse der Horta Marina. Der Berg Pico der Nachbarinsel Pico grüßt in der Ferne, mit 2351m Portugals höchster Berg. Die Azoren umfassen 9 größere Inseln, wir wollen aber nur noch eine weitere anlaufen: Sao Miguel weiter im Osten.

 

Marina Ponta Delgada
auf der Insel Sao Miguel. Oben das alte östliche Marina-Becken, umgeben von 3 teils leerstehenden Hotelklötzen, den einzigen Schandflecken der Azoren-Hauptstadt. Unten die neue geräumige westliche Marina. Truant liegt seit 18 Monaten (seit Kapstadt) erstmals wieder an einer Steckdose.

 

Wunderschöne Gassen
mit alten Häusern und verzierten Pflastern lassen verdrängen, dass Portugal dank Gier-Banker, Hedgefonds-Manager und unfähiger Politiker seit 2011 Ebbe in der Kasse hat. Viele kleine Läden hat es schon getroffen, in den Kneipen fließt aber noch genug Sagres und Superbock. Wie zum Beispiel beim WM-Fußballfinale unten rechts.

 

Wie die Portugiesen feiern
können, haben wir ja schon früher gelernt. Kein Heiliger ist ihnen zu schade, um ein oder zweimal die Woche zünftig zu tanzen oder zu prozessionieren. Hier ein märchenhafter Folklore-Abend vor der Kulisse des alten Rathauses...

 

... dort ein Tänzchen, Blas- oder Kammerkonzert, alles unter freiem Himmel und der Eintritt ist selbstverständlich frei. Wollen wir wirklich wieder zurück ins trübselige Deutschland?

 

Sao Miguel
ist mit 64 km Länge die größte Azoren-Insel und wie die anderen auf der Bruchkante zwischen Europa und Amerika gelegenen Inseln vulkanischen Ursprungs. Oben links die Kraterseen Lagoa Azul und Verde, rechts der über eine schöne Serpentinen-Straße zugängliche Lagoa do Fogo. Unten typische Dörfer mit markanten Kirchtürmen.

 

Die heissen Quellen bei Furnas
sind eine besondere Attraktion für Einheimische und Touristen. Erstere nutzen sie sonntags für das Mittagspicknik. Die dicken Gartöpfe verschwinden ein paar Stunden unter heisser Asche, bevor der fertig gegarte Inhalt genüsslich im Kreis der Großfamilie verzimmert wird. Die Touristen begnügen sich meist mit vulkan-gekochtem Mais.

 

Nach 10 Jahren und ca. 36.000 Meilen um die Welt
beenden wir, liebe Freunde, diese Reiseberichte. Jetzt geht es nur noch zum Ausgangshafen Almerimar, also nix Spannendes mehr. Vielleicht hat's euch gefallen und angeregt. Wir haben noch keine konkreten Pläne für die nächsten Jahre. Laut Seemannsregel altert man ja auf See nicht, womit es für den "verdienten Ruhestand" noch zu früh wäre. Und nur noch von den Erinnerungen an die Große Freiheit auf dem Meer zu zehren ebenfalls.

 

Maritas Bericht